11Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des normalen Rohertrags nicht zu vertreten hat. 2Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. 3Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete. 4Die übliche Jahresmiete ist in Anlehnung an die Miete zu ermitteln, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. 5Betriebskosten sind nicht einzubeziehen.
21Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken gilt als Minderung des normalen Rohertrags die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks. 2In diesen Fällen wird der Erlass nach Absatz 1 nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre.
31Wird nur ein Teil des Grundstücks eigengewerblich genutzt, so ist die Ertragsminderung für diesen Teil nach Absatz 2, für den übrigen Teil nach Absatz 1 zu bestimmen. 2In diesen Fällen ist für den ganzen Steuergegenstand ein einheitlicher Prozentsatz der Ertragsminderung nach dem Anteil der einzelnen Teile am Grundsteuerwert des Grundstücks zu ermitteln.
4Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.
Anwendungserlass
A 34.1
Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken; Allgemeines
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11Der Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Rohertragsminderung bei bebauten Grundstücken setzt voraus, dass
- die Minderung des normalen Rohertrags mehr als 50 Prozent beträgt und
- der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat.
2Die Grundsteuer ist in Höhe von 25 Prozent zu erlassen, wenn der normale Rohertrag um mehr als 50 Prozent gemindert ist und um 50 Prozent, wenn der normale Rohertrag um 100 Prozent gemindert ist. 3Auch bei nur zeitweiser Minderung des normalen Rohertrags während eines Jahres kann Erlass in Betracht kommen.
21Ein Erlassgrund liegt nach § 34 Absatz 4 GrStG nicht vor, wenn die Ertragsminderung auf Umständen beruht, die für den Erlasszeitraum durch eine Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden können. 2Das gilt auch, wenn der Steuerschuldner es versäumt hat, den Fortschreibungsantrag rechtzeitig zu stellen.
Im Juni 2027 wird ein Gebäudeteil eines Mietwohngrundstücks durch Brand zerstört. Die eingetretene Wertminderung des Grundstücks kann erst durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2028 berücksichtigt werden. Für den Erlasszeitraum 2027 kann demnach ein Erlass der Grundsteuer in Betracht kommen, nicht jedoch für den Erlasszeitraum 2028.
Anwendungserlass
A 34.2
Vertretenmüssen der Rohertragsminderung
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1Der Steuerschuldner hat die Minderung des normalen Rohertrags eines bebauten Grundstücks dann nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen, d. h., wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können (BVerwG vom 25. Juni 2008 9 C 8.07, ZKF 2008, S. 233).
21Der Vermieter hat die durch Leerstand bedingte Minderung des normalen Rohertrags in der Regel nicht zu vertreten, wenn er sich in ortsüblicher Weise nachhaltig um deren Vermietung zu einem marktgerechten Zins bemüht hat. 2Dazu muss der Steuerschuldner zumindest versuchen, den Kreis potentieller Interessenten möglichst umfassend zu erreichen (BayVGH vom 8. Dezember 2016 4 ZB 16.1583, ZKF 2017 S. 118). 3Ob und gegebenenfalls in welcher Form leerstehende Mieträume im Internet beworben werden müssen, damit der Steuerschuldner sich nachhaltig um die Vermietung der Räume bemüht und deshalb die auf dem Leerstand beruhende Ertragsminderung nicht zu vertreten hat, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls (BVerwG vom 13. Februar 2017 9 B 37.16, NVwZ-RR 2017 S. 429). 4Bei größeren Gewerbeobjekten, für die eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten in Betracht kommt, gehört zu den Vermietungsbemühungen des Steuerschuldners jedoch im Regelfall auch ein überregionales Angebot über das Internet (BVerwG vom 3. Dezember 2014 9 B 73.14, NVwZ-RR 2015, S. 232, vgl. z. B. auch BFH-Urteile vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BStBl II 2013 S. 279 und IX R 68/10, BStBl II 2013 S. 367 und vom 9. Juli 2013 IX R 48/12 BStBl II S. 693). 5Der Vermieter hat einen Mietausfall nicht zu vertreten, wenn er eine vereinbarte marktgerechte Miete aus Gründen nicht erhalten hat, die er nicht beeinflussen konnte (z. B. bei Zahlungsunfähigkeit des Mieters). 6Einen Mietausfall aufgrund eines von vornherein vertraglich vereinbarten Mietverzichts hat der Grundstückseigentümer dagegen grundsätzlich zu vertreten, mit der Folge, dass ein Anspruch auf Grundsteuererlass nicht besteht (OVG NRW vom 26. Juli 2013 14 A 1471/13, DÖV 2014 S. 43). 7Bei Wohnungen, die von vornherein z. B. als Ferienwohnungen nur zeitweise vermietet werden, hat der Vermieter dagegen die dadurch bedingte Minderung des normalen Rohertrags selbst zu vertreten. 8Besteht eine wirtschaftliche Einheit aus zahlreichen verschieden ausgestatteten, zu unterschiedlichen Zwecken nutzbaren und getrennt vermietbaren Räumlichkeiten und sind die marktgerechten Mieten für die einzelnen Raumeinheiten unterschiedlich hoch, so ist für jede nicht vermietete Raumeinheit gesondert zu prüfen, ob der Steuerpflichtige den Leerstand zu vertreten hat (BFH-Urteil vom 27. September 2012 II R 8/12, BStBl II 2014 S. 117). 9Das Fehlen jeglicher Vermietungsbemühungen führt zu der widerlegbaren Annahme, dass der Steuerschuldner die Ertragsminderung zu vertreten hat, und zwar auch dann, wenn die Nutzbarkeit eines Grundstücks durch Regelungen des Bauplanungsrechts eingeschränkt ist oder das Grundstück heruntergekommen oder verwahrlost ist. 10Die bloße Vermeidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit in Bezug auf die zur Ertragsminderung führenden Ursachen reicht nicht aus.
31Für die Ermittlung der üblichen Miete im Sinne des § 34 Absatz 1 GrStG können
- die Mieten für vergleichbare Objekte,
- die Angaben in sogenannten Mietspiegeln oder Gewerbemietenübersichten bei gewerblicher Nutzung (oder unter Umständen auch durch Ableitung hiervon) oder
- Mieten auf Grund von Sachverständigengutachten herangezogen werden. 2In den Fällen, in denen keine der genannten Möglichkeiten zur Verfügung steht, kann widerlegbar vermutet werden, dass die ortsübliche Mi Miete ihre Entsprechung findet. 3Die übliche Miete zu Beginn des Erlasszeitraums ist jedoch nicht die Durchschnittsmiete, die für die vermieteten Teile vereinbart werden konnte (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2007 II R 5/05, BStBl II 2008 S. 384).
41Beruht der (teilweise) Leerstand eines Gebäudes auf der Entscheidung des Steuerschuldners, die darin befindlichen Wohnungen oder Räume zunächst nicht zur Vermietung anzubieten oder selbst zu nutzen, so hat der Steuerschuldner den Leerstand grundsätzlich zu vertreten. 2Der Steuerschuldner hat die Ertragsminderung zu vertreten, wenn eine Sanierung oder auch eine Umgestaltung in zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks erforderlich wird. 3Dasselbe gilt für grundlegende Sanierungen, die typischerweise die Folge unterlassener rechtzeitiger und umfassender Instandhaltung sind. 4In einem solchen Fall beruht die Sanierungsmaßnahme letztlich auf zurechenbarem Verhalten des Steuerschuldners, nämlich nicht viele kleine, sondern eine große Maßnahme durchzuführen. 5Diese bewusste Entscheidung hat der Steuerschuldner zu vertreten. 6Etwas anderes gilt, wenn der sanierungsbedingte Leerstand ein Gebäude betrifft, das in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet belegen ist. 7Der Steuerschuldner kann sich dann der zweckmäßigen und zügigen Durchführung der zur Erfüllung des Sanierungszwecks erforderlichen Baumaßnahmen nicht entziehen und hat den durch die Sanierung entstehenden Leerstand auch dann nicht zu vertreten, wenn er die Entscheidung über den Zeitpunkt der Sanierung getroffen hat (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2014 II R 41/12, BStBl II 2015 S. 663).
51Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken hat der Unternehmer eine Minderung der Ausnutzung (§ 34 Absatz 2 GrStG) nicht zu vertreten, wenn für ihn keine Möglichkeit bestand, auf deren Ursachen in zumutbarer Weise Einfluss zu nehmen. 2Zu diesen Ursachen können auch strukturelle und konjunkturelle Entwicklungen gehören, die ihn zwingen, den bisher auf dem Grundstück unterhaltenen Betrieb stillzulegen oder einzuschränken. 3Dagegen fällt z. B. eine Minderung der Ausnutzung bei Neugründungen oder Kapazitätsausweitungen in der Regel in den Bereich des vom Unternehmen zu vertretenden Unternehmerrisikos. 4Bei der Prüfung, ob es unbillig ist, die Grundsteuer bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken zu erheben, müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesamtunternehmens betrachtet werden. 5Unbilligkeit liegt dann vor, wenn das Gesamtunternehmen im Erlasszeitraum ein negatives Betriebsergebnis erzielt hat und die Grundsteuer hierbei innerhalb des gesamten Betriebsaufwandes von nicht nur geringfügigem Gewicht ist.
Anwendungserlass
A 34.3
Berechnung der zu erlassenden Grundsteuer
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11Bei bebauten Grundstücken ergibt sich die Minderung des normalen Rohertrags aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem normalen Rohertrag zu Beginn des Erlasszeitraums und dem im Erlasszeitraum tatsächlich erzielten Rohertrag. 2Sie ist in einem Prozentsatz des normalen Rohertrags festzustellen.
| = 20000 € |
| = 5000 € |
| = 15000 € |
Minderung des normalen Rohertrags: 15000 € x 100 / 20000 € = 75 %
Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen.
3Bei Eigennutzung von Teilen bebauter Grundstücke für nicht eigengewerbliche Zwecke (vgl. A 34.2 Absatz 5) ist dem tatsächlichen Rohertrag ein fiktiver Rohertrag des eigengenutzten Teils des bebauten Grundstücks hinzuzurechnen. 4Dieser fiktive Rohertrag ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. 5Auf individuelle Besonderheiten der Eigennutzung kommt es nicht an (OVG NRW vom 10. Juli 2018 14 A 1106/16, KStZ 2018 S. 179).
21Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken ist für die Höhe des Erlasses der Grundsteuer die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks maßgebend (§ 34 Absatz 2 GrStG). 2Die Minderung der Ausnutzung entspricht dem Unterschied zwischen der üblichen Ausnutzung und der tatsächlichen Ausnutzung eines Grundstücks. 3Stehen sämtliche Gebäude des Grundstücks leer und wird das Grundstück nicht anderweitig genutzt, so beträgt die Minderung der Ausnutzung 100 Prozent. 4Wenn ein Gebäude nur teilweise leer steht, dann ist für die Bestimmung des Prozentsatzes der Minderung in der Regel das Verhältnis der ungenutzten Fläche zur gesamten nutzbaren Fläche maßgebend. 5Dasselbe gilt, wenn zu der wirtschaftlichen Einheit, für die der Grundsteuerwert insgesamt festgestellt worden ist, mehrere Gebäude gehören und eines oder mehrere davon ganz oder teilweise leer stehen. 6Ob und ggf. zu welchem Anteil eine Minderung der Ausnutzung vorliegt, ohne dass ein Gebäude ganz oder teilweise leer steht (z. B. bei Kurzarbeit), wird durch wirtschaftliche Gesichtspunkte bestimmt. 7Im Einzelfall ist nach den besonderen Verhältnissen des Betriebs zu entscheiden, welche betriebswirtschaftlichen Merkmale als Anhaltspunkte für die Minderung der Ausnutzung geeignet sind. 8Bei Fabrikations-, Handwerks- und Handelsbetrieben können dies die Arbeitsstunden, der Produktionsmitteleinsatz, der Produktionsausstoß, die Produktionsstunden, der Umsatz oder andere ähnliche Merkmale sein (vgl. Urteil des BVerwG vom 26. Mai 1989 8 C 20.87, BStBl II 1989 S. 1042). 9Bei Hotels und anderen Betrieben des Beherbergungsgewerbes kann auf die Bettenbelegung oder ggf. den Umsatz abgestellt werden. 10Im Einzelfall kann auch eine Kombination mehrerer Merkmale in Betracht kommen. 11In der Regel kann das danach festzustellende Ausmaß der normalen Ausnutzung aus dem Durchschnitt der drei Kalenderjahre vor dem Erlasszeitraum abgeleitet werden, wenn in dieser Zeit keine Betriebsumstellung erfolgt ist.
31Wird nur ein Teil des Grundstücks eigengewerblich genutzt, so ist für das ganze Grundstück ein einheitlicher Prozentsatz der Ertragsminderung zu ermitteln. 2Dabei ist von dem Anteil der einzelnen Teile am Grundsteuerwert des Grundstücks auszugehen.
Ein Grundstück enthält vermietete Wohnungen und eigengewerblich genutzte Geschäftsräume. Wegen Zahlungsunfähigkeit eines Mieters sind 9000 € an Mietforderungen aus dem Jahr 2028 nicht mehr zu realisieren. Der Umsatz des Betriebs sinkt im Jahr 2028 nachweislich wegen nicht zu vertretenden Geschäftsrückgangs auf 45 Prozent.
Normaler Rohertrag der Wohnungen am 1. Januar 2028 = 20000 €.
Wegen der Zahlungsunfähigkeit des Mieters beträgt der tatsächlich erzielte Rohertrag im Kalenderjahr 2028 nur 11000 €. Der Prozentsatz der Ertragsminderung errechnet sich wie folgt:
Ertragsminderung der Wohnungen:
9000 x 100 / 20000 = 45 %
Der Anteil der Wohnungen soll 40 Prozent des Grundsteuerwerts betragen. Es sind somit zu berücksichtigen:
45 x 40 / 100 = 18 %
Ertragsminderung der eigengewerblich genutzten Räume:
Minderung der Ausnutzung = 55 %
Der Anteil der eigengewerblich genutzten Räume soll 60 Prozent des Grundsteuerwerts betragen. Es sind somit zu berücksichtigen:
55 x 60 / 100 = 30 %
Die Ertragsminderung für das gesamte Grundstück beträgt danach:
18 % + 33 % = 51 %
Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen.
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